Am letzten Freitag konnten Marco und ich erstmals bei einer tatsächlich ökologischen Aktivität im Nationalpark helfen. Früh morgens wurde uns gesagt, dass wir statt des geplanten Unterrichts mit dem Staff einem Parkmitarbeiter helfen sollen. Um was genau es sich handeln würde konnten wir zwar nicht erfahren, begleiteten ihn aber bereitwillig in Richtung Aussichtsplattform, ergo in Richtung Mangrovenwald. Angekommen in einer dunklen Lehmhütte trafen wir auf weitere Leute, unter anderem zwei Reporter aus Laos, und einer Wissenschaftlerin. Natürlich wurde dann erst einmal ausgiebig Tee getrunken. Anschließend haben wir ein kleines Beiboot mit Mangrovensetzlingen befüllt (mindestens 100) und sind gemeinsam auf einem Kutter in den Mangrovenwald gefahren. Angekommen an einer abgezäunten Lichtung hatten Marco und ich zusammen mit zwei Parkarbeitern die Aufgabe die kleinen Setzlinge zu den bereits bestehenden, zwei Monate alten, Minimangroven zu pflanzen, während der lustige Leporter Lee alles dokumentierte. Außerdem wurden die zwei Monate alten Setzlinge gemessen. Von der Wissenschaftlerin konnte ich erfahren, dass es sich bei der Bepflanzung um ein Pilotprojekt handelt, um zu ermitteln in wie weit man derartige Lichtungen, bei denen die Mangroven scheinbar durch einen erhöhten Meeresspiegel abgestorben sind, wiederbepflanzen kann. Bei der Bepflanzung handelte es sich um eine überaus schlammige Angelegenheit, und war aufgrund der Menge der zu pflanzenden Setzlinge relativ anstrengend, hat aber durchaus Spaß gemacht. Ich bin gespannt wie sie sich entwickeln werden. Anbei ein paar Bilder von dem Ausflug.
Outsourcing
Am selben Tag wurde mir (relativ kurzfristig) mitgeteilt, dass ich Mittags in einer außerhalb liegenden Kommune unterrichten würde. Außerdem sollte ich nach dem Unterricht bei einer Gastfamilie übernachten, um am Sonntag eine weitere Klasse in der Kommune zu unterrichten. Ich fand die Idee gut, eine weitere Seite Vietnams kennenzulernen und hatte schnell meine Sieben Sachen gepackt um mit dem Motorbike ins circa 45 Minuten entfernte Bach Long zu fahren. Angekommen an der Schule, wurde mir der Englischlehrer der Schulklasse vorgestellt, der ziemlich korrektes Englisch spricht. Mit der Zeit trudelten immer mehr Schüler ein, die alle sehr euphorisch waren einen "Westler" kennenzulernen. Im Laufe des Unterrichts nahm die Zahl auf bis zu mehr als 40 Schüler zu. Das Englisch war zwar eher auf mäßigem Niveau, weil die Schüler erst in der 10. Klasse sind (16 Jahre alt), aber da das Interesse an mir und Deutschland sehr groß war, und die Hemmschwelle gering, verlief der Unterricht gut. Außerdem konnte mir der Lehrer gut helfen, indem er den Schülern unbekannte englische Wörter übersetzte.
Anschließend habe ich meine Gastfamilie kennengelernt. Sie lebt für vietnamesische Verhältnisse in durchaus wohlhabenden Verhältnissen, in einem wirklich schönem Haus, an das eine Karaokebar angeschlossen ist, in dessen Besitz die Familie ist. Sie haben mich sehr herzlich aufgenommen, und ich habe mich die letzten Tage sehr wohl gefühlt, insbesondere da die Gastmutter eine außerordentlich gute Köchin ist und ich viele neue leckere Dinge kennengelernt habe. Und solange das Essen gut ist, bin ich auch glücklich. Die Gasteltern sprechen kein einziges Wort Englisch, wodurch die Verständigung recht schwierig ist; von den beiden Kindern spricht immerhin der 16-jährige Sohn ein wenig Englisch. Mit ihm habe ich mir ein Bett geteilt, was in Vietnam eher üblich denn unüblich ist. Er ist außerdem ein Schüler der Klasse die ich zwei Tage später, also am Sonntag, unterrichtet habe.
Zu dem Unterricht am Sonntag hat mich kein Lehrer begleitet, was die Verständigung um eines schwieriger gemacht hat. Des weiteren war das Englischniveau erheblich niedriger als bei der ersten Schulklasse; ich hatte zeitweise das Gefühl mit Autos zu sprechen. Der entscheidende Faktor jedoch war, dass die Klasse sich wesentlich weniger zugetraut hat, und mir folglich kaum Fragen über meine Person, oder über Deutschland gestellt hat, worauf ich in einer Einführungsstunde mehr oder weniger baue. Nach bedrückenden Anfangsminuten konnte mir jedoch Hien helfen, eine Parkabeiterin die mich in der Gastfamilie besucht und zu der Schule gebracht hatte. (Sie spricht wohl das beste Englisch der Parkarbeiter, die wir regelmäßig unterrichten. Außerdem ist sie sehr liebenswürdig uns lebensfroh, und unsere Kontaktperson im Nationalpark.) Mit der Zeit konnte ich die Stimmung gut auflockern, sodass der Unterricht doch noch ein Erfolg wurde. Vor allem Hangman erwies sich als absoluter Stimmungsbringer.
Auch neben den beiden festen Unterrichtseinheiten, war meine Zeit an diesem Wochenende sehr ausgefüllt. Es fanden sich jeden Tag kleine Lerngruppen in dem Haus meiner Gastfamilie ein, größtenteils Schüler von einer der beiden Unterrichtsklassen, die ihr Englisch verbessern wollten. Außerdem habe ich eine Englischlehrerin kennengelernt, die an einer Secondary School (also Klasse 6 bis 9) unterrichtet. Ihr Englischvermögen erklärte mir dann auch die Tatsache, dass das Englischniveau der beiden Schulklassen die ich unterrichtet hatte so unterschiedlich war, obwohl bei beiden Schüler der 10. Klasse waren.
Beeindruckendes Aqurium. Hier nennt mein Gastvater die unterschiedlichen Fischarten (auf vietnamesisch) die ich mir aber nicht merken konnte. |
Gastfamilie plus Hund |
An einem Abend habe ich mit der Gastfamilie und zwei Freunden Karaoke in der hauseigenen Bar gesungen; ich habe festgestellt, dass in Vietnam eigentlich jeder gerne singt. Oder wie an dem Abend eine Freundin der Familie zu mir meinte: "Karaoke is very popular. Vietnamese go to Karaoke when they are happy or sad or angry". Ich musste in beiden Schulklassen auch etwas singen, und habe mich in beiden Fällen für die Deutsche Nationalhymne entschieden, was sehr gut ankam. Zur nächsten Stunde wurden die beiden Lieder "Take me to Your Heart" und "My Heart will go on" zur gemeinsamen Besprechung gewünscht, ich bin da sehr flexibel in meiner Unterrichtsplanung. Generell habe ich das Gefühl, dass Softpop (sowohl englischer als auch vietnamesischer) die einzige populäre Musikrichtung ist, und von nahezu jedem gehört wird.
Nachdem ich heute einen Tag im Nationalpark verbringen konnte, an dem ich zusammen mit Marco in der angrenzenden Kommune Giao Thien unterrichtet habe (siehe Eintrag vom 18.10), meine Klamotten gewaschen habe, und Fußball gespielt habe, kehre ich morgen früh nach Bach Long zurück, und werde dort bis Samstag in der Gastfamilie leben. Dort habe ich keinen Internetzugang, aber ich freue mich schon da die Familie echt toll ist, und hoffentlich werde ich mein Vietnamesisch verbessern können.