Willkommen!

Willkommen!
Dies ist mein Blog auf dem ich von nun an von meinen Erfahrungen aus Vietnam berichte. Enjoy!

Montag, 31. Oktober 2011

Aufforstung
Am letzten Freitag konnten Marco und ich erstmals bei einer tatsächlich ökologischen Aktivität im Nationalpark helfen. Früh morgens wurde uns gesagt, dass wir statt des geplanten Unterrichts mit dem Staff einem Parkmitarbeiter helfen sollen. Um was genau es sich handeln würde konnten wir zwar nicht erfahren, begleiteten ihn aber bereitwillig in Richtung Aussichtsplattform, ergo in Richtung Mangrovenwald. Angekommen in einer dunklen Lehmhütte trafen wir auf weitere Leute, unter anderem zwei Reporter aus Laos, und einer Wissenschaftlerin. Natürlich wurde dann erst einmal ausgiebig Tee getrunken. Anschließend haben wir ein kleines Beiboot mit Mangrovensetzlingen befüllt (mindestens 100) und sind gemeinsam auf einem Kutter in den Mangrovenwald gefahren. Angekommen an einer abgezäunten Lichtung hatten Marco und ich zusammen mit zwei Parkarbeitern die Aufgabe die kleinen Setzlinge zu den bereits bestehenden, zwei Monate alten, Minimangroven zu pflanzen, während der lustige Leporter Lee alles dokumentierte. Außerdem wurden die zwei Monate alten Setzlinge gemessen. Von der Wissenschaftlerin konnte ich erfahren, dass es sich bei der Bepflanzung um ein Pilotprojekt handelt, um zu ermitteln in wie weit man derartige Lichtungen, bei denen die Mangroven scheinbar durch einen erhöhten Meeresspiegel abgestorben sind, wiederbepflanzen kann. Bei der Bepflanzung handelte es sich um eine überaus schlammige Angelegenheit, und war aufgrund der Menge der zu pflanzenden Setzlinge relativ anstrengend, hat aber durchaus Spaß gemacht. Ich bin gespannt wie sie sich entwickeln werden. Anbei ein paar Bilder von dem Ausflug.









Outsourcing
Am selben Tag wurde mir (relativ kurzfristig) mitgeteilt, dass ich Mittags in einer außerhalb liegenden Kommune unterrichten würde. Außerdem sollte ich nach dem Unterricht bei einer Gastfamilie übernachten, um am Sonntag eine weitere Klasse in der Kommune zu unterrichten. Ich fand die Idee gut, eine weitere Seite Vietnams kennenzulernen und hatte schnell meine Sieben Sachen gepackt um mit dem Motorbike ins circa 45 Minuten entfernte Bach Long zu fahren. Angekommen an der Schule, wurde mir der Englischlehrer der Schulklasse vorgestellt, der ziemlich korrektes Englisch spricht. Mit der Zeit trudelten immer mehr Schüler ein, die alle sehr euphorisch waren einen "Westler" kennenzulernen. Im Laufe des Unterrichts nahm die Zahl auf bis zu mehr als 40 Schüler zu. Das Englisch war zwar eher auf mäßigem Niveau, weil die Schüler erst in der 10. Klasse sind (16 Jahre alt), aber da das Interesse an mir und Deutschland sehr groß war, und die Hemmschwelle gering, verlief der Unterricht gut. Außerdem konnte mir der Lehrer gut helfen, indem er den Schülern unbekannte englische Wörter übersetzte.

Anschließend habe ich meine Gastfamilie kennengelernt. Sie lebt für vietnamesische Verhältnisse in durchaus wohlhabenden Verhältnissen, in einem wirklich schönem Haus, an das eine Karaokebar angeschlossen ist, in dessen Besitz die Familie ist. Sie haben mich sehr herzlich aufgenommen, und ich habe mich die letzten Tage sehr wohl gefühlt, insbesondere da die Gastmutter eine außerordentlich gute Köchin ist und ich viele neue leckere Dinge kennengelernt habe. Und solange das Essen gut ist, bin ich auch glücklich. Die Gasteltern sprechen kein einziges Wort Englisch, wodurch die Verständigung recht schwierig ist; von den beiden Kindern spricht immerhin der 16-jährige Sohn ein wenig Englisch. Mit ihm habe ich mir ein Bett geteilt, was in Vietnam eher üblich denn unüblich ist. Er ist außerdem ein Schüler der Klasse die ich zwei Tage später, also am Sonntag, unterrichtet habe.

Zu dem Unterricht am Sonntag hat mich kein Lehrer begleitet, was die Verständigung um eines schwieriger gemacht hat. Des weiteren war das Englischniveau erheblich niedriger als bei der ersten Schulklasse; ich hatte zeitweise das Gefühl mit Autos zu sprechen. Der entscheidende Faktor jedoch war, dass die Klasse sich wesentlich weniger zugetraut hat, und mir folglich kaum Fragen über meine Person, oder über Deutschland gestellt hat, worauf ich in einer Einführungsstunde mehr oder weniger baue. Nach bedrückenden Anfangsminuten konnte mir jedoch Hien helfen, eine Parkabeiterin die mich in der Gastfamilie besucht und zu der Schule gebracht hatte. (Sie spricht wohl das beste Englisch der Parkarbeiter, die wir regelmäßig unterrichten. Außerdem ist sie sehr liebenswürdig uns lebensfroh, und unsere Kontaktperson im Nationalpark.) Mit der Zeit konnte ich die Stimmung gut auflockern, sodass der Unterricht doch noch ein Erfolg wurde. Vor allem Hangman erwies sich als absoluter Stimmungsbringer.

Auch neben den beiden festen Unterrichtseinheiten, war meine Zeit an diesem Wochenende sehr ausgefüllt. Es fanden sich jeden Tag kleine Lerngruppen in dem Haus meiner Gastfamilie ein, größtenteils Schüler von einer der beiden Unterrichtsklassen, die ihr Englisch verbessern wollten. Außerdem habe ich eine Englischlehrerin kennengelernt, die an einer Secondary School (also Klasse 6 bis 9) unterrichtet. Ihr Englischvermögen erklärte mir dann auch die Tatsache, dass das Englischniveau der beiden Schulklassen die ich unterrichtet hatte so unterschiedlich war, obwohl bei beiden Schüler der 10. Klasse waren.

Beeindruckendes Aqurium.
Hier nennt mein Gastvater die unterschiedlichen Fischarten
(auf vietnamesisch) die ich mir aber nicht merken konnte.
In meiner Freizeit bin ich nun bemüht vietnamesisch zu lernen, angespornt durch meine vietnamesisch-sprachige Gastfamilie, nachdem in den letzten Wochen mein Ehrgeiz eher eingerostet war. Der Gastvater hat bei jeder Gelegenheit versucht mir neue vietnamesische Wörter beizubringen, nachdem er entschieden hatte, dass ich ein gutes Gedächtnis habe. So wurde es zum Brauch, dass er beispielsweise beim Essen auf alle möglichen Dinge zeigte, und mich mit den vietnamesischen Namen bombadierte. Leider bin ich kaum in der Lage die Laute exakt zu reproduzieren solange ich sie nicht geschrieben sehe, geschweige denn sie mir zu merken. Dennoch habe ich durch viel Geduld seitens der Familie viele vietnamesische Wörter gelernt, wichtige Dinge wie zum Beispiel Waschmaschine, Klimaanlage, oder Fernbedienung. Vielleicht lern ich ja auch noch irgendwann die Grundlagen.


Gastfamilie plus Hund
Neben Unterrichten, Essen, und vietnamesisch Lernen habe ich cà phê getrunken. Vietnamesischer Kaffee ist kaum mit europäischem Kaffee zu vergleichen, und wird in der Regel abends als ein Genussmittel zu sich genommen. Die Herstellung ist relativ zeitaufwändig, dafür ist der Geschmack um so intensiver. Er wird generell mit einer Art Milchsirup und Eis getrunken; der Geschmack ist so stark, dass er am ehesten mit Espresso vergleichbar ist. Durch die süße Milch und das Eis wird der Genuss von Kaffee zu einem wahren Geschmackserlebnis, wobei die gesellige Komponente ähnlich wie beim Tee Trinken wahrscheinlich auch eine entscheidende Rolle spielt.
An einem Abend habe ich mit der Gastfamilie und zwei Freunden Karaoke in der hauseigenen Bar gesungen; ich habe festgestellt, dass in Vietnam eigentlich jeder gerne singt. Oder wie an dem Abend eine Freundin der Familie zu mir meinte: "Karaoke is very popular. Vietnamese go to Karaoke when they are happy or sad or angry". Ich musste in beiden Schulklassen auch etwas singen, und habe mich in beiden Fällen für die Deutsche Nationalhymne entschieden, was sehr gut ankam. Zur nächsten Stunde wurden die beiden Lieder "Take me to Your Heart" und "My Heart will go on" zur gemeinsamen Besprechung gewünscht, ich bin da sehr flexibel in meiner Unterrichtsplanung. Generell habe ich das Gefühl, dass Softpop (sowohl englischer als auch vietnamesischer) die einzige populäre Musikrichtung ist, und von nahezu jedem gehört wird.

Nachdem ich heute einen Tag im Nationalpark verbringen konnte, an dem ich zusammen mit Marco in der angrenzenden Kommune Giao Thien unterrichtet habe (siehe Eintrag vom 18.10), meine Klamotten gewaschen habe, und Fußball gespielt habe, kehre ich morgen früh nach Bach Long zurück, und werde dort bis Samstag in der Gastfamilie leben. Dort habe ich keinen Internetzugang, aber ich freue mich schon da die Familie echt toll ist, und hoffentlich werde ich mein Vietnamesisch verbessern können.

Dienstag, 25. Oktober 2011

Kurzurlaub
Gestern bin ich nach einem ziemlich guten Wochenende in Hanoi wieder im Xuan Thuy Nationalpark angekommen. Marco und ich sind bereits am Donnerstag nach Hanoi gefahren, da wir keinen Unterricht mehr zu absolvieren hatten. Weil der Unterricht in Ngo Dong, der eigentlich jeden Sonntag stattfindet, auch noch abgesagt wurde, konnten wir noch einen Tag länger in Hanoi bleiben, sodass ich sozusagen 4 Tage Kurzurlaub hinter mir habe.
Sehr lecker!
Als wir am Donnerstag Abend im Freiwilligenhaus angekommen sind, hat uns Meo (siehe Blogeintrag vom 22.09.) empfangen, da er im Freiwilligenhaus lebt. Wir haben dann toll gegessen, in einem Restaurant in dem man sich das Fleisch und Gemüse selbst mit Öl und Magarine brät/frittiert, was einen ganz tollen Geschmack hat. Anschließend haben wir Whiskey und leckere Cocktails am sogenannten Westlake getrunken.


Blick auf den Westlake, links zwei Angler

Whiskey on the Rocks









Den Freitag habe ich für eine ausgiebige Shoppingtour in einem etwas überteuerten – da nach westlichem Vorbild strukturierten - Einkaufszentrum genutzt. Dort habe ich seit über einem Monat mal wieder westliche Kost genossen, und zwar bin ich bei KFC eingekehrt. Und das war toll. Überraschend übrigens: KFC ist die einzige Fastfoodkette die ich in Hanoi gesehen habe. Es gibt in Hanoi auch keinen Mc Donalds!
Am Freitag sind im Laufe des Tages viele weitere Freiwillige eingetrudelt, da für Samstag ein Treffen mit der Koordinatorin Hieu von SJ Vietnam anstand, sodass schließlich 19 Leute bei 18 Bettplätzen in 3 Zimmern platz finden mussten. Es war schön sich abends mit den anderen Freiwilligen über das Land austauschen zu können, und bekannte Gesichter (die zwei deutschen Freiwilligen Amrei und Anh, hatten wir ja bereits auf dem Vorbereitungsseminar in Bonn kennengelernt) wieder zu sehen.

Vietnamesischer Warentransport
Blick von der Wohnung
Samstag vormittags sind Marco und ich, zusammen mit Anh (die vietnamesische Vorfahren hat) zum Essen von ihrer Tante und ihrem Onkel eingeladen worden, die in Hanoi wohnen. Diese leben in recht wohlhabenden Verhältnissen im 25. Stock eines Wolkenkratzers, mit einem atemberaubenden Blick. Das Essen war vielfältig und gut;       außerdem gab es Heineken.


Die Projektbesprechungen am Samstag verliefen dann mehr oder weniger interessant, eher weniger. Gegen das Kennenlernspiel wurde erfolgreich Protest eingelegt, da sich sowieso alle bereits miteinander bekannt gemacht hatten. Anschließend sollte jeder seine Probleme zu seiner Projektarbeit auf einen Zettel schreiben, um diese danach mit Hieu zu besprechen. Und abgesehen von Marco und mir hatte eingentlich jeder – teilweise sogar ziemlich große – Probleme. Nachdem sich zwei Französinnen im Gespräch mit Hieu ziemlich über die Arbeit von SJ Vietnam ausgelassen haben (wenn auch in einem sehr harschen Tonfall), ist Hieu abgehauen, laut eigener Aussage da sie Gäste hat. 


Marco und ich hatten bei der
Besprechung nichts zu tun.
Ich habe an dem Wochenende ziemlich viele Storys über SJ Vietnam in Erfahrung bringen können, und scheinbar bestehen enorme Strukturprobleme innerhalb der Organisation, was sich negativ auf die Betreuung der einzelnen Projekte auswirkt. Zum Glück sind Marco und ich ganz zufrieden im Nationalpark; unsere Projektarbeit entspricht zwar nicht zu Hundert Prozent der Beschreibung, da wir im Prinzip ausschließlich unterrichten statt im Nationalpark zu arbeiten, aber wir haben uns damit sehr gut arrangiert, und haben ja noch 10 Monate Zeit um noch die ein oder andere Nationalparkbezogene Arbeit zu verrichten.
Amrei und Anh haben es nicht so gut erwischt; sie sind nun quasi seit 5 Wochen ohne Arbeit, nachdem sie nicht wie geplant ins SOS Kinderdorf kommen konnten, und es herrscht generelle Unklarheit über deren Projektzugehörigkeit, wobei SJ Vietnam auch keine große Hilfe ist.


Ein Ergebnis der Projektbesprechungen jedenfalls war, dass Camille, die vor 2 Wochen in unser Projekt gekommen ist und eigentlich 2 Monate bleiben sollte, uns in wenigen Tagen wieder verlassen wird und in ein anderes Projekt nach Hanoi wechselt. Das kommentier ich jetzt nicht.

Am Samstag abend stand nach den Gesprächen ein Cookout an, bei dem jeder seiner Nationalität entsprechend kochen sollte. Marco und ich haben Schnitzel gemacht (Paniermehl aus getrockneten Baguettes mühevoll mit einem Sieb gerieben), was meiner Meinung nach die beste Speise des Abends war, ohne mir jetzt irgendwas anmaßen zu wollen, ist ja klar.
2 Deutsche haben außerdem ganz passable Bowle gemacht, und nach einem lustigen Trinkspiel gings zu einer Disco, dem „Dragonfly“ vermeintlich einer der besten Hanois´. Ich habe dann noch mein Handy verloren, aber das ist ja nichts neues. Der Abend war trotzdem Klasse und sehr ausgelassen.



Dienstag, 18. Oktober 2011

   Die Sonne lacht
das Wetter freut sich
   und mitten drin
    ist der Robin
        happy.


Introductions
In den letzten beiden Wochen habe ich mich gemeinsam mit Marco an zwei Schulen in umliegenden Kommunen vorgestellt. 
Als erstes (letzte Woche Sonntag) waren wir in einer kleinen Schulklasse, in Ngo Dong, circa 30 Minuten vom Nationalpark entfernt. Der Klassenraum erinnert stark an einen Bunker, ist hinter einer großen Stahltür, ohne Fenster, und so klein dass nicht mehr als zwei Schulbänke plus Tafel in den Raum passen. Die Schüler nehmen freiwillig an dem Unterricht teil um ihre Englischkenntnisse abseits vom Schulunterricht zu verbessern. Wir unterrichten dort von nun an jeden Sonntag, da an allen anderen Tagen die Schule wohl bereits sehr zeiteinnehmend ist. Die circa zehn Schüler sind im Alter von 16-17 Jahren, und in der 12. Klasse. Bei unserem ersten Besuch waren wir leicht überrascht, wie hoch das Englischniveau bereits ist, soadass wir unsere Vorbereitungen mehr oder weniger vergessen konnten. Der improvisierte Unterricht verlief dennoch sehr gut, die Schüler sind allesamt lustig und nett; die meisten stammen eher aus der "Bildungsschicht", weshalb dort das Niveau höher ist als in unseren anderen Unterrichtsklassen (die Parkarbeiter mit eingeschlossen). Insofern glauben wir einen ziemlich lockeren und interessanten Unterricht gestalten zu können, mit verschiedenen Themen und Methoden, ohne wirklich auf  Grammatik oder Betonung eingehen zu müssen. Nach dem Unterricht haben wir bei einem Parkarbeiter (Dat) übernachtet, der in derselben Kommune wohnt, und sehr gut gegessen und getrunken. Der "wine" (inzwischen weiß ich dass hier jede Form von Alkohol, abgesehen von Bier, wine genannt wird) roch stark nach dem Alkohol im Chemielabor, und entsprechend schmeckte er auch, wurde aber Wegbereiter für einen entspannten Abend, auch mal ohne Karaoke. An dem selben Abend habe ich außerdem das letzte Mal meine neu erworbene Digi-Cam gesehen (ja, ich hab mal wieder was verloren!) weswegen ich in diesem Blog-Eintrag keine Schnappschüsse einbauen kann (nur von meiner Spiegelreflex), aber dazu später mehr.

Die andere Schulklasse ist in der angrenzenden Kommune Giao Thien. Dort waren wir inzwischen zwei Mal, und sie stellt einen klaren Kontrast zur ersten dar. Bei unserer Ankunft wurden wir absolut ins kalte Wasser geworfen. Das stellte aber in dem Moment kein Problem für uns dar, da wir circa eine Stunde vorher wine trinken mussten (wir wurden sehr spontan zum Mittagessen eingeladen, von einem Typen der regelmäßig mit uns Fußball spielt und direkt bei der Schule wohnt) und dementsprechend in einem angenehmen Zustand der belustigten Gleichgültigkeit waren. Angekommen in unserem zukünftigen Klassenraum, leicht benebelt aber auf jeden Fall euphorisch, wurden uns zwei Plastikstühle in den sehr offenen Raum (zugehörig zu einer christlichen Kirche) hingestellt; mehr Anweisungen gabs dann aber nicht. Von einem Lehrer oder Betreuer keine Sicht. Dafür turnten auf den Stühlen reichlich Kinder herum, vielleicht im Alter von 8 bis 12 Jahren, alle sichtlich interessiert an uns. Natürlich sprach keines ein Wort Englisch, und sobald wir uns ihnen annähern wollten, sind die meisten lachend rausgerannt. Die klassische Angst vor dem Fremden. Wir hocken also erstmal auf unseren winzigen Stühlchen, nicht minder amüsiert von den Schülern (und vom wine), und erschrecken dann und wann die Kinder mit schnellen Bewegungen in deren Richtung. Ein Junge, mit einem extrem fesselnden, beinahe psychopatischen Blick, hat uns immer wieder zum Lachen gebracht, aufgrund der Art und Weise wie er uns konstant anstarrte. Er ist so ziemlich als einziges Kind nicht rausgerannt wenn wir "Buh!" gemacht haben. Und der Blick war wirklich unnormal!
Jedenfalls ist nach einer Weile eine Schülerin auf uns zugekommen, 17 Jahre alt, mit gebrochenem Englisch. Sie konnte uns dann erklären, das wir nicht die Kinder unterrichten würden, sondern eine kleine Klasse von circa acht Mädels, zu der sie selbst gehörte. Wir haben uns dann ausgetauscht, und mit der Zeit sind noch zwei weitere Mädels dazugekommen. Gemeinsam haben wir dann die Kirche angeschaut, und unseren ersten Termin für richtigen Unterricht vereinbart, den wir dann gestern absolviert haben. Obwohl die Schülerinnen in etwa so alt sind wie diejenigen in Ngo Dong, müssen wir bei dieser Schulklasse bei den absoluten Grundlagen anfangen, was aber auch nicht unbedingt schlecht ist.

Willkommen
Vor gut einer Woche ist Camille in unserem Projekt angekommen, eine weitere Freiwillige aus Frankreich. Sie ist 22 Jahre alt und studiert momentan Business und Management in Paris und wird für zwei Monate hier dieselben Tätigkeiten machen wie Marco und ich. Sie hat uns letzte Woche Montag, sozusagen als Willkommensgruß, begleitet, als wir mit den ganzen Leuten vom Fußball raus waren zum Essen und Trinken. Es gab für uns nämlich einen Grund zum feiern! Wir haben eine Art self-made Flutlichtanlage im Park installiert, sodass wir von nun an auch nach Einbruch der Dunkelheit (~18:00 Uhr) kicken können. Der Abend wurde ziemlich verrückt, es gab nämlich selbst Eingelegten, aus einer Flasche circa 5l groß die natürlich leer gemacht werden musste.
Dieses Bild ist zwar von einem anderen Abend,
passt aber thematisch gut.
 Auch hier sind wir mit Leuten vom Fußball unterwegs.
Was genau eingelegt war, konnte man nicht mehr klar erkennen, aber anscheinend kein Tier (in dem Haus habe ich riesige Flaschen mit eingelegten Schlangen, Skorpionen, Vögeln, und sogar ein eingelegtes Lamm gesehen). Nach einem wahren Festmahl gings dann zur Karaoke, dem typischen vietnamesischen Ort zum feiern. Am anschließenden Morgen mussten Marco und ich den Unterricht um 8:30 Uhr ohne Camille durchführen, da der wine dann doch nicht französischen Verhältnissen entsprochen hatte. An dieser Stelle spreche ich meinen Respekt dem vietnamesischen Trinker aus, da ich bisher noch niemanden verkatert gesehen habe, egal wie kurz die Nacht war.



Rückerstattung
An dem selben Tag des Unterrichts reifte langsam die Erkenntnis, dass meine Kamera irgendwie weg ist. Ich dachte mir zunächst nicht viel dabei, sie würde in den nächsten Tagen schon auftauchen. Doch sie tauchte in den nächsten Tagen nicht auf. Ich drehte alle meine Sachen auf den Kopf aber die Kamera blieb verschollen. Ich überlegte mir welche Möglichkeiten bestünden. Das letzte mal, dass ich sie definitiv gesehen hatte war in Dat´s Haus. Da sie dort nicht war, musste sie entweder auf der Rückfahrt im Auto aus der Hosentasche gefallen sein, oder jemand war bei uns ins Zimmer eingebrochen, da wir es an dem Montag Abend unverschlossen gelassen hatten; für die zweite Möglichkeit sprach die Tatsache, dass Camille, dessen Zimmer neben uns ist, zwei Teile Unterwäsche vermisste. Ich sagte also Chu Bescheid, der in Kontakt mit dem Fahrer stand, und nur "The Boss" genannt wird. Ein wirklich lustiger Typ, mit einer ziemlich schrillen, ansteckenden Lache, der es trotz geringerer Körpergröße meist schafft auf einen hinab zu schauen. Er spricht das beste Englisch im Park und hat eine angenehme Art Leute zu verspotten (was ja wirklich eine seltene Kombination ist). Er meinte er kümmtert sich darum; vor zwei Tagen bekam ich dann einen Anruf, dass der Fahrer keine Kamera gefunden hat, da er das Auto direkt zur Reinigung gegeben hatte. Mr Chu meinte also er würde der Autoreinigung einen Besuch abstatten, da er sowieso nach Hanoi musste, wovon ich ihn trotz der geringen Wahrscheinlichkeit dass dort die Kamera sei, auch nicht abhalten konnte. Mit der Kamera hatte ich quasi abgeschlossen. Gestern bekomme ich dann die sms von Chu "Saw ur CAMERA here, they tell me to pay more but i said only 20 dollar. If not i will call police. Hope it ok." Meine Kamera habe ich also heute für 20 Dollar (500 000VD) wieder erhalten. So regelt man die Dinge in Vietnam.

Freizeitaktivitäten
 Gestern konnte ich einer weiteren Vogelexkursion beiwohnen, zusammen mit einem ausgewanderten Briten und seinem Kollegen, die derzeit alle Nationalparks Vietnams abklappern.Außerdem hat uns Truong begleitet, mit dem ich bereits beim ersten Mal unterwegs war. Und wieder einmal fand ichs sehr interessant und habe ne Menge gesehen und gelernt. Anbei ein paar Bilder.

Panorama von Muschelfarm bei Sonnenaufgang
Eule gesichtet!

Was man am Strand nicht so alles findet: Volle Packung Double Happiness Zigaretten aus China und vrmtl. Ecstasy-Pillen.
Außerdem waren wir (Camille, Marco, und ich) vor wenigen Tagen auf einer Bootstour mit einer relativ großen vietnamesischen Touristengruppe, sodass wir den Mangrovenwald erstmals vom Wasser aus besichtigen konnten, und den Roten Fluss in seinen Ausmaßen bestaunen konnten. War aber nicht sonderlich spektakulär.



Neben dem täglichen Fußballspielen, nutzen wir jetzt hin und wieder die Zeit zum Laufen, zumindest wenn die Temperaturen einigermaßen human sind. Des weiteren helfen wir Chu einen Antrag für Patenschaften auf Deutsch und Englisch zu verfassen, um diese dann ab nächster Woche u.a. an deutsche Firmen zu verschicken. Falls DU Interesse an einer Patenschaft an einem süßen, ehrgeizigen Vietnamesen hast, bitte melden.
Am Freitag gehts nach Hanoi, wo wir ein Treffen mit anderen Freiwilligen haben und jeder landestypisch kochen wird. Ich freu mich schon auf Schnitzel und Crépe.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Hier nun endlich ein Update, das aufgrund mehrer sturmbedingter Stromausfälle in den letzten Tagen ausfallen musste.

Einarbeitung
Marco und ich sind mittlerweile knapp 2 Wochen in dem Projekt, und so langsam haben wir uns schon ganz gut eingelebt. Wir haben soeben zu Abend gegessen, nachdem wir eine Unterrichtsstunde mit dem Staff hatten. Wir werden von nun an drei mal die Woche zwei Stunden lang die Parkmitglieder unterrichten. Das Unterrichten klappt schon ganz gut, wir haben die ganzen Methoden ja noch frisch präsent. Heute waren 7 Leute da, wobei das Englischniveau der einzelnen Personen sehr stark variiert; der Wille Englisch zu lernen ist aber bei den meisten vorhanden, sowie ein generelles Interesse etwas über Umwelt, Kultur etc zu erfahren. Wir haben heute die meiste Zeit damit verbracht einen simplen Text über den Klimawandel zu besprechen, und anschließend Hangman gespielt. Die Stimmung ist immer sehr gut, da die vietnamesische Mentalität generell eine ziemlich Fröhliche ist und gerne gelacht wird. Morgen werden wir uns an einer Highschool in einem Nachbarort vorstellen um dort Englisch zu unterrichten.

In der letzten Woche hatten wir noch Schonfrist und hatten folglich ziemlich viel Freizeit. Wir haben uns aber bereits bei der örtlichen Pagode vorgestellt, in der wir zwei Schulklassen unterrichten werden (im Alter von circa 10-15 Jahre). Außerdem haben wir ein Kamerateam begleitet, das an einem ökologischem Projekt arbeitet, anscheinend für den Staatssender VTV, und haben uns als Interviewte und als Schauspieler zur Verfügung gestellt. Ich bin mir aber nicht sicher ob ich das Ergebnis sehen will.
In meiner Freizeit habe ich die Gegend erkundet, fast jeden Nachmittag Fußball gespielt, viel gelesen, und ein wenig Vietnamesich gelernt.

Panorama vom Mangrovenwald von einem Aussichtsturm aus. Im Hintergrund erkennt man das Meer.
Außerdem können wir hier hin und wieder Fußball gucken, zumindest wird jedes Manchester United Spiel im Staatsfernsehen übertragen da scheinbar der Großteil der fußballinteressierten Vietnamesen Manchester-Fan ist. Das Internet ist zu langsam für Livestreams.

Gebräuche
Innerhalb der letzten beiden Wochen konnte ich schon ein paar Verhaltensweisen und Bräuche kennenlernen, die die vietnamesische Mentalität ganz gut wiedergeben. Zwei geregelte Mahlzeiten sind eine feste Konstante im Tagesablauf, in der Regel gegen 11 Uhr und gegen 6 Uhr. Zum Essen bekommt jeder eine Schüssel mit Reis. Zusätzlich stehen auf dem Tisch Teller mit verschiedenen Gerichten, von denen sich jeder bedient. Diese Gerichte variieren von Tag zu Tag ein wenig, auf lange Sicht gibt es jedoch meist dieselben Dinge: Gemüse wie Kohl, Wasserspinat in Knoblauch, oder Wirsing, Fleisch meist Schwein (Zunge, Ohr, etc) und Fisch oder Shrimps; bei beiden Dingen wird abgesehen von den Gräten kein Teil verschmäht, die Shrimps werden nicht gepult und der Kopf wird zuerst abgebissen. Meistens steht mehr auf dem Tisch als verzehrt werden kann, außerdem gilt es für einen Mann als unhöflich weniger als drei Schüsseln Reis zu essen und der Nachschlag darf keinesfalls nur eine Kelle sein. Zum Essen wird gerne sogenannter "NGO-Wine" getrunken, der in unbeschrifteten Plastikflaschen ausgeschenkt wird, glasklar ist, aus Schnapsgläsern getrunken wird und auch ganz stark nach Schnaps schmeckt.

Eine Sitte die mir sehr gut gefällt ist die, dass man während dem Essen jederzeit eine Person zum Trinken auffordern kann (oder eben die ganze Runde). Man sagt dann wieviel man von dem Schnapsglas trinkt (i.d.R. das ganze Glas), stößt an, und anschließend bedankt man sich per Händedruck. Das Glas wird direkt wieder aufgefüllt, bis die Flasche leer ist.

Nach dem Essen setzt man sich zusammen und trinkt gemütlich Tee. Die Teetassen sowie Tee und heißes Wasser stehen zu jeder Zeit auf dem Tisch in der Lobby. Bevor man den Tee eingießt werden die Tassen "gereinigt", da dieselben Tassen von jedem jederzeit benutzt werden. Dies geschieht indem eine Tasse mit Tee gefüllt wird und dann der Inhalt von Tasse zu Tasse geschüttet wird, und es anschließend weggegossen wird. Erst dann werden die Tassen mit Tee befüllt. Mittags ist nach dem Teetrinken circa zwei Stunden lang Ruhezeit, in der häufig geschlafen wird, vor allem wenns mittags NGO-Wine gab.

Letztes Wochenende haben Marco und ich im Hauptgebäude übernachtet, da es heftige Sturmwarnungen gab. Unsere Malhlzeiten habe wir gemeinsam mit den drei verbliebenen Mitarbeitern in einem nahegelegenem Restaurant eingenommen, da die Köchin wegen des Sturms zuhause geblieben ist. Am Sonntag Abend habe ich in dem Restaurant dann einen weiteren Brauch kennengelernt, und zwar durfte erst Reis gegessen werden, nachdem die zwei 0.5l-Flaschen NGO-Wine, die auf dem Tisch standen, leer gemacht wurden. Im Laufe des Abendessens haben wir dann noch zwei weitere dieser Flaschen mit reichlich Händeschütteln geleert. Außerdem habe ich das vietnamesische Bier für akzeptabel befunden, solange es gut gekühlt ist. Anschließend sind wir in eine Karaoke-Bar gefahren, in der ich das erste Mal in meinem Leben Karaoke ausprobiert habe. NGO-Wine sei dank. Der Abend war insgesamt sehr lustig; ein Highlight war als Marco und ich 100 Punkte bei dem Lied "Ich geh´ mit meiner Laterne" bekommen haben. Keine Ahnung wieso das im Sortiment war.

Vogelexkursion
 Vorgestern war ich das erste mal raus zum Vögel beobachten. Ein wahrer Experte auf seinem Gebiet hatte mir am Vorabend (Sonntag) zwischen zwei Schnäpsen das Angebot gemacht ihn zu begleiten. Er sagte jedoch wir würden nur losfahren solange es nicht regnet, da man sonst kaum Vögel beobachten kann. Am wolkenverhangenen Montag morgen stand ich also um 5:30 Uhr auf der Matte, trotz oder gerade wegen der Resteinflüsse des Alkohols ganz euphorisch. Aus dieser Euphorie heraus schaffte ich es auch ihn davon zu überzeugen, dass es trotz der dicken Wolken nicht regnen würde. Wir sind also losgefahren, zunächst mit dem Moped und dann mit einem Boot zu einer Insel, von welcher wir unsere Tour durchs Watt starten würden um möglichst viele seltene Vögel zu kategorisieren, und die ersten Ankömmlinge die hier überwintern werden zu beobachten.
Zur Insel mussten wir ein Stückchen
durchs Wasser waten.

Samba sind doch immer noch meine
Lieblingsallzweckschuhe. Im Zweifel
auch sehr passabler Gummistiefelersatz.


 Sobald wir auf der Insel angekommen waren (um uns herum nichts als Wasser und Watt) fing es in Strömen an zu regnen. Ich hatte in meinem Optimismus nicht einmal eine Regenjacke dabei, und suchte unter den wenigen Bäumen schutz.
Haha.
 Der Wind pfiff über die Insel, schließlich waren wir direkt am offenen Meer; auch das hatte ich unterschätzt und war mir nun fast sicher am nächsten Tag halbtot im Bett zu liegen. Trotz allem wurde ganz nach vietnamesischer Mentalität über die Situation gelacht. Von meiner Seite eher weniger, aber immerhin hat mein Begleiter seinen Spaß daran gefunden. Aus meinem Unterschlupf, der eher einen mangelhaften Schutz vor dem Regen bot (da Nadelbäume), konnte ich immerhin noch einen seltenen Asian Paradise Flycatcher beobachten, der mich scheinbar nicht bemerkte. Schließlich beschlossen wir jedoch, den Typen anzurufen, der und mit dem Boot hergebracht hatte, da es nicht danach aussah als wenn es in nächster Zeit aufhören würde zu regnen und ich wollte nicht vollends verrecken. Jedenfalls war der Typ gerade woanders unterwegs, sodass wir ziemlich lange hätten warten müssen bis er uns abholt. Hätte es nicht just in dem Moment aufgehört zu regnen... Wir setzten also unsere Tour fort und wurden im Laufe des Tages auch mit etwas Sonne belohnt, sowie mit zahlreichen interessanten Vogelbeobachtungen.







Mit diesem Boot gings dann zurück.