Willkommen!

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Dies ist mein Blog auf dem ich von nun an von meinen Erfahrungen aus Vietnam berichte. Enjoy!

Freitag, 3. August 2012

Reise
Ich habe die vergangenen Tage ein wenig reisen können, wenn auch nicht so lange wie geplant, aufgrund nicht endender Visaprobleme. Meine Route ging folglich "nur" von Hanoi bis nach Ho Chi Minh City (Saigon) mit dem Zug (33 Stunden), dort habe ich 4 Nächte verbracht, woraufhin ich nach Singapur geflogen bin, wo ich 3 weitere Nächte geblieben bin. 

Von Saigon aus habe ich 2 Tagestrips gemacht, einen ins Mekong-Delta, der touristisch total überlaufen war und eigentlich kaum noch Ursprünglichkeit zu bieten hatte, und einen zu den Cu Chi Tunneln,  ein weites Tunnelsystem mit dem der Vietcong die Amis untergraben hat (von dort wurde unter anderem der Angriff auf die US-Botschaft eingefädelt, mit maßgeblich für den Rückzug  der Amerikaner verantwortlich). Die Kreativität der Vietnamesen mit denen GI´s umgebracht wurden hat mich beeindruckt; vor allem selber durch die Tunnel kriechen zu können war interessant. Auf dem Weg dorthin hat meine Touristengruppe noch bei der größten Cao Dai Kirche vorbeigeschaut, ein beeindruckendes Gebäude in dem die Cao Dai Religion ihre obskuren Gottesdienste abhält.

 In Saigon selber habe ich viele historische Plätze und Stadtteile besucht, sowie das War RemnantsMuseum, das mit berührenden, teils teuflischen Bildern und Geschichten an den Vietnamkrieg erinnert. Ansonsten fand ich Saigon eher unspektakulär. Am besten hat mir der Zoo gefallen, den ich gleich 2 Mal besucht habe, da dieser eine hervorragende Möglichkeit bietet sich vom Motorradgewimmel zu befreien. 

Singapur bot einen starken Kontrast zu Saigon. Beides pulsierende Städte, so ist Singapur hypermodern und überflügelt an vielen Stellen sogar westliche Großstädte. Die rigorosen Strafen für Verschmutzungen in der Öffentlichkeit sorgen dafür dass die ganze Stadt wie geleckt aussieht. Highlight war für mich die Lasershow, die jeden Abend an den Marina Bay Sands stattfindet, mit beeindruckender Sound-und Skyline-Kulisse. Das Marina Bay Sands http://de.wikipedia.org/wiki/Marina_Bay_Sands   ist ein moderner Resort-Komplex an das der im Jahr 2012 eröffnete Botanische Garten anschließt, den ich natürlich auch besucht habe. Beeindruckend war die Aussicht von dem gewaltigen Hotel, dessen Cocktailbar ich besuchen konnte und mir somit 20 Dollar, die ein Besuch des „Skyparks“ gekostet hätte, sparen konnte (siehe Bilder). 

Anbei eine kleine Auswahl, Panoramen folgen noch irgendwann:


Saigon
Zugabteil: 3 Betten übereinander, aber sogar recht komfortabel.
Berühmte Kirche Notre Dame, nur halt in Saigon.
War Remnants Museum, die blutigen Bilder erspar ich euch lieber. Text unter dem Bild: "This man was old and trembling so that he could hardly walk. He looked like he wanted to cry. When I left him I heard two rifle shots"

Der Wiedervereinigungspalast.

Küche in dem Palast, mit sorgfältigen Erläuterungen für Touristen.

Zoo

Ein Mann ärgert einen überforderten Leoparden.







 Mekong-Delta

Touristenabfertigung



Ziemlich grimmiger Wasserbüffel.



Cao Dai Tempel 







Cu Chi Tunnel

Demonstration wie Vietcong sich verdünnisierten.






Singapur 

Strafenkatalog in U-Bahn.


Ich war in Little India untergebracht.

Wilder Mix von Kulturen, hier befand sich eine Pagode...

.... direkt neben einer Moschee.

Skyline


Skylie hinter Merlion


 
Marina Bay Sands



Von innen.
Beeindruckende Architektur. Über 4,7 Mrd. € soll der ganze Komplex gekostet haben.

Vom botanischen Garten aus betrachtet.

Pferd

Botanischer Garten, "Gardens by the Bay"





Sir Stamford Raffles, der im 18. Jahrhundert Singapurs Entwicklung, von einem Sumpfdorf zu einer Metropole, maßgeblich voran trieb.


Abends, Blick von der Marina Bay Sands Hotel Cocktailbar auf die Skyline.

Lasershow, sehr sehr cool. Video würde hier besser passen, das ist mir aber leider nicht möglich mit meiner Kamera.

Es wurde die Geschichte zweier Menschen und der Einfluss von Wasser auf deren Leben erzählt. Kitschig, aber sehr sehr cool.
 
Skyline bei Nacht.

Mittwoch, 6. Juni 2012


Anmerkung: Dieser Blogeintrag ist mein bisher längster, und vrmtl. wichtigster Eintrag, und sollte nur gelesen werden, wenn man sich ein paar Minuten Zeit nehmen kann.

Reflexion

Inzwischen fällt es mir schon schwer die vietnamesische Kultur überhaupt noch durch die ‚Westler-Brille‘ zu betrachten. Eigenheiten der vietnamesischen Lebensart die mir anfangs anders, manchmal gar grotesk vorkamen, fallen mir nach über 8 Monaten Aufenthalt in Vietnam kaum noch auf. Die Kultur und Lebensweise ist mir derart vertraut geworden, dass ich inzwischen vor einem ‚Deutschland-Schock‘ Angst bekomme. Ich möchte an dieser Stelle dennoch probieren, etwas Aufklärungsarbeit zu leisten, und ein paar Eigenheiten der vietnamesischen Kultur darstellen, um daraufhin auf die Mentalität zu schließen – natürlich ist dies nur in Ansätzen möglich. 
Ich beziehe mich dabei ausschließlich auf die Erfahrungen die ich mit Nordvietnam gemacht habe; der Süden ist sicherlich nochmal anders. Da meine Sichtweise rein subjektiv ist, würde ich mich freuen von euch Rückmeldungen zu diesem Eintrag zu bekommen.

Eigenheiten

Selbst kurz verweilenden  Reisenden müsste direkt die positive Lebenseinstellung, die Herzlichkeit gegenüber Westlern, der übermäßige Gebrauch des Lachorgans auffallen. Viel mehr dürfte ein Solcher auch nicht mitbekommen, deshalb gehe ich zunächst auf die speziell vietnamesischen Eigenheiten ein und probiere später etwas zur vietnamesischen Mentalität zu sagen.

Trotz anfänglichen Unverständnisses sind mir inzwischen selbst kleinere, vermeintliche Ticks, ans Herz gewachsen. Früh sind mir bereits Eigenheiten und Verhaltensweisen aufgefallen, die beim Deutschen nicht existieren. Zum Erkennen von Komplexeren brauchte es mehr Zeit und ein tieferes Eintauchen in die Kultur. In Vietnam ist das ‚Erfühlen‘ der angebrachten Verhaltensweise außerordentlich schwierig da der Vietnamese meist selbst bei grob unangebrachtem Verhalten keine Miene verzieht, geschweige denn einen darauf hinweist.

Wie aus meinem Blog vielleicht schon entnommen werden konnte, spielt Tee eine wichtige Rolle im Alltag Vietnams. Dem Akt des Teetrinkens wohnt fast schon etwas Rituelles bei. Tee muss auf eine bestimmte Art und Weise aufgegossen werden, eine Fähigkeit die man zunächst erlernen muss bevor man das Recht hat dies zu tun. Während die Frauen nach dem Essen abwaschen und aufräumen hockt Mann sich beisammen und zelebriert den Akt des Teetrinkens. In der Regel gießt dann der Hausherr den Tee auf. Dies geschieht in der Regel auf eine ganz bestimmte Art und Weise: In die leere Teekanne wird nach Gefühl ein Häufchen Tee geschüttet; das darf weder zu viel noch zu wenig sein. Der erste Aufguss wird weggegossen,  die zuvor benutzten Tassen mit heißem Wasser „ausgespült“. Anschließend wird das heiße Wasser aufgegossen, und gewartet bis in die Tässchen eingeschenkt werden kann. Ist dies vollzogen, lädt der Hausherr zum Trinken ein.  Dass Marco und ich inzwischen auch den Tee im Nationalpark aufgießen dürfen zollt von gewissem Respekt. Heute noch wurde ich von Gästen gefragt: „Kannst du das denn überhaupt?“

Ein Verhalten, dass mir direkt bei der Ankunft in Hanoi auffiel, ist, dass ein Großteil der Frauen einen Mundschutz trägt, vor allem beim Motorbike-Fahren. Dieser soll vor den Abgasen der Motorbikes und vor Feinstaub schützen. Selbst im Nationalpark, wo die Luft alles andere als verunreinigt ist, kann man dieses Verhalten beobachten. Generell ist die eigene Gesundheit für Vietnamesen sehr wichtig. Das lässt sich unter anderem daran festmachen, dass jedem Gericht eine Eigenschaft zugeordnet wird, ob sie den Körper 'kühlt' oder 'wärmt'. Eine Mahlzeit muss immer ausgewogen sein. Außerdem gilt, je mehr verschiedene Speisen man zu sich nimmt, desto gesünder lebt man. Da ist es nicht verwunderlich, dass hier keine Essenstabus bestehen. Bedauernswerterweise leidet die Tierwelt Vietnams immer mehr darunter, da der Verzehr von vermeintlich potenzsteigernden Speisen, wie Tigerpenissen, sogar an Popularität zugenommen hat. 
Die Sorge um die Gesundheit nimmt teilweise sogar groteske Züge an. So holt die Gastmutter direkt ein ganzes Bataillon an Tabletten heraus, nur weil ich 3 mal geniest habe. Ich weiß nicht in wie weit die ganzen Tabletten eine tatsächliche Wirkung haben, aber es wird wirklich stark Gebrauch von Medikamenten gemacht. Hierzu eine kleine Veranschaulichung: Nach einem langen Tag den Marco und ich mit unseren Schülern verbracht hatten, mit reichlich Süßigkeiten- und Eisverzehr, hatte mir eine Schülerin gesagt dass es ihr schlecht ginge. Ich sagte ihr das würde schon besser werden, aber statt abzuwarten schmiss sie sich 23(!) Tabletten rein. Sie hat sich dann auch direkt besser gefühlt, aber bei diesen Dosen bezweifel ich die Wirkung doch stark.

Die Distanz zum anderen Geschlecht sollte man wie vermutlich in den meisten asiatischen Ländern auch in Vietnam wahren. So ist Körperkontakt zwar nicht tabu, aber in bestimmten Situationen ist Vorsicht geboten. So sind Umarmungen in der Öffentlichkeit immer noch ein ziemliches Tabu, das sich aber in Hanoi rasant aufzulösen scheint. Hier auf dem Land wäre es jedoch unvorstellbar einen guten Freund anderen Geschlechts mit einer Umarmung zu verabschieden. Das ist Pärchen vorbehalten. 
Den einzigen Kuss den ich in der Öffentlichkeit je beobachtet habe, war der Vermählungskuss auf einer Hochzeit. Ansonsten ist es undenkbar sich in der Öffentlichkeit zu küssen. Ausnahme sind hierbei nur bestimmte Orte in Hanoi an denen sich Pärchen im Schutze der Dunkelheit treffen.
Sex vor der Ehe ist in der vietnamesischen Tradition absolut tabu. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, aber ein Ehemann kann sich prinzipiell noch immer das Recht herausnehmen seine Frau abzustoßen wenn diese bereits vor der Ehe entjungfert wurde. Das führt aber nicht unbedingt zu einer Scheidung, die äußerst selten stattfinden, und äußert sich stattdessen in einer missachtenden Verhaltensweise des Mannes der Frau gegenüber. Ich möchte mich in diesem Eintrag nicht zur Stellung der Frau äußern, da dieses Thema viel zu komplex ist, nur so viel sei gesagt, der von Ho Chi Minh geführte Kampf zur Gleichstellung der Frau scheint wenig Auswirkungen auf die heutige Stellung gehabt zu haben.

Mentalität

Zunächst muss man klar zwischen dem Städter und dem Landbewohner differenzieren. In der Metropole Hanoi spürt man die Globalisierung und Verwestlichung an allen Ecken und Enden, was sich freilich auch auf die hiesige Mentalität auswirkt. Zwar macht diese Entwicklung auch vor der relativen Abgeschiedenheit des Nationalparks nicht halt, dennoch scheinen hier auf dem Land noch andere Werte vorzuherrschen als in der Stadt.

Ich konnte eine Eigenschaft feststellen die sich fast ausnahmslos alle Vietnamesen teilen - und zwar Serenität. Vietnamesen scheinen ein ganz anderes Gemüt zu haben als Deutsche. Es wird auf bestimmte Dinge zwar viel Wert gelegt, alles anderem wird aber mit einem beeindruckenden Gleichmut begegnet. Im absolut hektischen Chaos Hanois habe ich noch nie jemanden die Ruhe verlieren sehen. Selbst wenn unmittelbar neben einem die ohrenbetäubend laute und schrille LKW-Hupe ertönt, wird nicht mit der Wimper gezuckt. Diese Mentalität lässt sich auch auf andere Lebensbereiche ausweiten. Anstatt sich über ein Fehlverhalten anderer aufzuregen wird mit einem Lächeln darüber hinweg gesehen. Kleine Veranschaulichung mithilfe von Fußball. Wenn der Gegner einen grob foult, man sich auf dem Asphalt-Boden sogar eine böse Schürfwunde zuzieht, würde sich nie jemand beschweren, gar den Gegner anschwatzen.

Weitet man das noch weiter aus, lässt sich eine ganze Lebensphilosophie daraus entnehmen. Es würde niemals jemandem einfallen über die eigenen Lebensumstände zu klagen, seien diese noch so kläglich. Und noch viel weniger würde jemand Geld von mir als "reichem Westler" annehmen. Es ist geradezu schlimm mit welcher Versessenheit ich immer noch häufig davon abgehalten werde im Café zu bezahlen. Die Leute hier auf dem Land haben wirklich nicht viel - bei einigen reicht es gerade so zum Überleben - aber das was sie haben, wird trotzdem immer noch bereitwillig und gerne geteilt. Im Englischen trifft das Wort "generous" diesen entscheidenden Punkt der vietnamesischen Kultur ganz gut.

Selten sieht man mal einen Bettler, aber wenn man einen sieht kann man sich fast sicher sein, dass er es wirklich benötigt. Natürlich sieht die Situation in Hanoi ein wenig anders aus, wo mehr und mehr Leute der Gier verfallen. Trotzdem würde ich der vietnamesischen Tradition und Kultur unterstellen, noch weitestgehend befreit von Habgier zu sein. 

Einen klaren Unterschied in der Mentalität zwischen Städter und Ländler sehe ich in der Arbeitsmoral. Ich will den Parkarbeitern nicht vorwerfen faul zu sein, aber man genießt es hier doch eher sich Zeit für die Dinge zu nehmen. An dieser Stelle eine kurze Zusammenfassung des üblichen Tagesablaufs der Parkarbeiter: Es wird in Vietnam generell früh aufgestanden, da macht der Nationalpark keine Ausnahme. Man kann bereits um 7 Uhr Leute antreffen, die im benachbarten Restaurant ihr Frühstück einnehmen. Gegen 8 sind eigentlich alle Arbeiter in der Lobby des Nationalparksgebäudes versammelt, in der man sich austauscht, Zeitung liest, und vor allem Tee trinkt. Gegen 9 Uhr verzieht man sich an seinen Arbeitsplatz. Täglich gegen 11 Uhr gibt es Mittagessen in der Kantine, das i.d.R. vorzüglich von der Köchin zubereitet wird. Anschließend wird Tee getrunken. Von 12 Uhr bis circa 14 Uhr ist Mittagspause, in der geschlafen wird. Anschließend ‚arbeitet‘ man weiter, bis spätestens um 17 Uhr Feierabend ist, da dann Fußball gespielt wird. Natürlich kann man diesen Arbeitstag so nicht pauschalisieren, aber Ausnahmen bestätigen die Regel.

Anfangs haben Marco und ich uns noch die Mühe gemacht herauszufinden was eigentlich gearbeitet wird. Neben Buchführung, und der Überwachung des Parks durch Ranger, fällt nun mal nicht allzu viel Arbeit an, wenn gerade keine Gäste da sind. Als wir zum Beispiel einen Tag lang nicht von der Seite eines Arbeiters gewichen sind, sind wir früh morgens gemeinsam zur Post gefahren um ein Paket abzuholen. Dann haben wir auf eine Person gewartet, die nach 1 Stunde aber nicht gekommen ist. Schließlich wurden wir von einem Freund zum Tee trinken eingeladen, und haben seine Bonsaizucht bewundert.

Ich will den Einfluss des Nationalparks auf die lokale Bevölkerung  nicht schmälern. Es hängen sehr viele direkt oder indirekt von den Erzeugnissen des Nationalparks ab, zum Beispiel von den Shrimp- und Muschelzuchten oder dem vom Nationalpark initiierten ‚Mushroomclub‘ in dem lokalen Bewohner Pilze züchten. Dennoch würde ich die über 20 Angestellten im Park als nicht ausgelastet bezeichnen. Möglicherweise ändert sich das wenn der Park mehr und mehr vom Tourismus erschlossen wird. Die Frage ist nur, wer sich für Mangroven und Vögel interessiert.

Generell schreibe ich dem Vietnamesen zwar schon die Eigenheit zu, sehr lange und intensiv arbeiten zu können, aber ich glaube diese Fähigkeit muss bei einigen erst aktiviert werden. Ich könnte mir vorstellen, dass sich diese Eigenschaft auf die Geschichte Vietnams zurückführen lässt. Vor gar nicht allzu langer Zeit spielte der Zyklus der Reissaat und Reisernte noch die entscheidende Rolle für den Alltag aller Vietnamesen. In Nordvietnam kann 2 Mal im Jahr Reis geerntet werden, im Süden gar 3 Mal, da es dort zu keinem Zeitpunkt winterlichen Temperaturen gibt. Auch heute bestimmt dieser Zyklus noch das Leben der meisten ländlichen Bewohner. Bei der Ernte ist ein Dorf nach wie vor auf die Hilfe von allen angewiesen. Zwischen extrem arbeitsintensiven Phasen der Reissaat, der Umpflanzung der Setzlinge, und der Ernte – Zeiten in denen mehr Arbeitskräfte benötigt werden als zur Verfügung stehen -  vergehen gezwungenermaßen Monate des Nichtstuns. Man weiß hier also wie man mit Nichtstun glücklich ist - bedauernswerterweise beansprucht der Fernseher auch hier mehr und mehr von dieser Zeit. Sofern der Lebensunterhalt gesichert ist, ist es also nur verständlich Arbeit eine untergeordnete Rolle zuzuweisen. Ich konnte an mir selbst erfahren, wie ansteckend diese Mentalität sein kann. Wird einem permanent gesagt wie fleißig man sei, tut man eben weniger und trinkt mehr Tee.

Nichtsdestotrotz findet man bei immer mehr Vietnamesen einen enormen Ehrgeiz vor, der vermutlich mit der Öffnung gegenüber dem Westen und dem damit verbundenen Wirtschaftswachstum einhergeht. Es gilt, der westliche Lebensstandard, der durch die Medien impliziert wird, ist erstrebenswert. Um das zu erreichen ist von früh an Ehrgeiz gefordert. Gute schulische Leistungen bieten in Vietnam ein Tor zur Welt. Vor allem die Eltern versuchen deshalb alles aus ihren Kindern herauszuholen. Denn wer sehr gute bis herausragende Noten bekommt, kann auch an eine gute Uni gehen, und erhöht somit die Chancen auf einen guten Job.

Trotzdem zieht es nach dem Studium in Hanoi immer mehr Leute wieder zurück zur Familie aufs Land. Ein Grund ist sicherlich die hohe Arbeitslosigkeit in Hanoi. Den Hauptgrund sehe ich jedoch woanders. Während in Hanoi der Ehrgeiz eine städtische Ichbezogenheit fördert, steht auf dem Land noch immer die Familie im Mittelpunkt. Auch in Vietnam gilt, wer etwas erreichen will nimmt wenig Rücksich auf Verluste. Allen anderen bleibt nur die Flucht zurück zu traditionellen Werten. Da kann sich die KP noch so häufig "Sozialistische Republik" auf die Fahne schreiben. Vietnam ist längst im eiskalten Kapitalismus angekommen. Entziehen kann sich dem niemand. Stellt sich nur die Frage ob das im Sinne Ho Chi Minhs gewesen wäre. Und ob seine Tugenden trotz voranschreitender Verwestlichung Vietnam erhalten bleiben.

Freitag, 13. April 2012

Guten Tag, nun ist es mal wieder an der Zeit für einen kleinen Blogeintrag.
In diesem Moment hocke ich bei einem Freund (Duy) im Zimmer, bei dem ich mit Marco für einige Zeit lebe um seine Englischfähigkeiten zu verbessern. Ich kenne ihn eigentlich aus Hanoi, doch momentan ist er zuhause in Nam Dinh, nicht allzu weit vom Nationalpark entfernt und nahe dem Ort wo Marco und ich häufig unterrichten. Hier leben wir bis er in gut einer Woche in Hanoi einen neuen Job antritt, wofür auch die Englischkenntnisse verbessert werden sollen.

Die letzten Wochen habe ich zum größten Teil gemeinsam mit Marco in der Gastfamilie einer Schülerin gelebt (siehe Eintrag vom 28.01.) um täglich Englisch unterrichten zu können. Im Nationalpark waren wir folglich eher wenig, und zwar da dort kein regelmäßiger Unterricht mit den Parkarbeitern etabliert werden konnte. Ob dies daran liegt, dass die Leute da nachmittags häufig betrunken waren wenn der Unterricht anstand, oder an einer eher ablehnenden Haltung gegenüber zu viel Arbeit, sei dahin gestellt.
 Der Wochenrhythmus sah und sieht dann in etwa so aus, dass wir 2 Tage in der Woche im Nationalpark verbringen um Fußball zu spielen und unsere Klamotten zu waschen, und die restlichen 5 Tage in der Familie verbringen, um täglich nachmittags 2 Stunden, und 2 mal wöchentlich zusätzlich vormittags in einem Kulturhaus, zu unterrichten. Insgesamt haben wir also auch viel Freizeit, die wir teils zur intensiven Unterrichtsvorbereitung nutzen, teils zum Vietnamesischlernen, oder halt für Dinge die man sonst so in seiner Freizeit macht. Viel Zeit geht auch fürs Kochen drauf, das wir in der Gastfamilie selbst erledigen müssen, im Gegensatz zum Nationalpark, wo es eine Köchin gibt. Durch die Gegend kommen wir mit einem Motorbike, was uns flexibel macht wenn mal kurzfristig ein Fußballmatch ansteht.
An das Haus der Familie ist praktischerweise ein Klassenraum angeschlossen, den wir dann freilich zum Unterrichten nutzen. Hier kommen dann täglich diejenigen Schüler hin die zusätzlich zur Schule ihr Englisch verbessern wollen (der Schul-Englischunterricht hier auf dem Land ist grausig). Mit zuletzt 37 Schülern ist der Raum dann auch gut ausgefüllt. In der Regel teilen wir die Klasse in 2 Gruppen ein, vom unterschiedlichen Englischniveau ausgehend.

 So viel zu unserem Alltag. Davon abgesehen bietet das Leben natürlich an allen Ecken und Enden Abwechslung und Entertainment. Schülerausflüge, Fußballmatches mit Fc Co Thia z.B. gegen die lokale Polizei, oder Schulfeste z.B. zu Ehren des Communist Youth Day, sind dann die Highlights. Außerdem war mein Vater die vergangene Woche zu Besuch, gemeinsam mit einem Freund aus Kiel, sodass wir ein paar Tage lang durch die Gegend gereist sind und ich ihm mein Lebensumfeld zeigen konnte. Das war natürlich toll, und hat ein paar umso tollere Fotos nach sich gezogen (siehe weiter unten).

Von den 8 Tagen Aufenthalt in Vietnam haben wir die ersten 2 Nächte in Hanoi verbracht. Dort haben wir die lokalen Sehenswürdigkeiten besucht, wie den Literaturtempel, der ältesten Schule Vietnams. Daraufhin waren wir 2 Nächte im Nationalpark, haben von dort aus unter anderem die Gastfamilie besucht, und generell halt mein Revier erkundet. Anschließend gings zur berühmten Halong Bucht, vermeintlich eines von den neuen 7 Weltwundern (seltsam, da diese ja nicht vom Menschen gemacht wurde). Nach einer schönen Nacht auf einem kleinen Boot sind wir ins vietnamesische Hinterland gefahren, genauer gesagt über Ninh Binh nach Mai Chau in Hoa Binh. Nach einer Nacht in einem sogenannten "homestay" in einer Thai-Familie sind wir dort durchs Tal gefahren, haben u.a. einen traditionellen Markt, sowie ein Dorf der Hmong-Minorität besucht, bevor es nach einer weiteren Nacht in der Region schon wieder nach Hanoi zurück ging. Insgesamt war es ein sehr ausgefüllter und schöner Trip.



Anbei eine kleine Auswahl der Bildern vou unserer Reise durch Nordvietnam:


Hanoi


Mein Vater, Wolfgang, und ich vorm Literaturtempel in Hanoi.
Mein Vater und Marco in einem recht vollen vietnamesischen Cafe.
Cocktails über den Dächern Hanois.


Nam Dinh

In Quat Lam.

Gemeinsames Kochen in der Gastfamilie.
Und das Produkt davon. Die Bratkartoffeln kommen von mir.
Die Gastfamilie (Mutter, Thao, Thuy) mit Marco, meinem Vater, und einem Geist.

Halong

Von unserem Boot, Wetter eher mäßig.

Da äußerst neblig,

aber dafür auch äußerst stimmungsvoll.



Am Strand.

Floating Fishing Village
Und ab durch eine Höhle.
Blick aus der Schiffskabine.









Ninh Binh 

Hier haben wir eine kleine und wunderschöne Bootstour
auf einem ruhigen Fluss unternommen,
 auf dem Weg von Halong nach Mai Chau.





Hoa Binh, Mai Chau

Bett im Hotel
Bett im Homestay. Wo ich wohlgemerkt besser geschlafen habe.
Von den Thai, die in Vietnam eine Minorität sind, werden viele Tücher hergestellt und den Touristen verkauft.
Schmetterlingsromanze.
Markt mit Rohfleisch,
und Rohkost.
Hmong people mit traditioneller Kleidung
Mein Vater und ich in einem Reisfeld.
Rückkehr ins Dorf nach einem langen Arbeitstag.
Einzug ins selbe Dorf, jedoch mit einer anderen Absicht.

Sportlich, sportlich
Besuch einer Teefabrik.
Und dann noch eine Tuchfabrik