Nachdem ich am letzten Wochenende für zwei kurze Tage nach Hanoi gehastet bin um dort den Abschied einer deutschen Freiwilligen zu feiern, bin ich am Sonntag dem 22.01. nach nur 3 Stunden Schlaf direkt von Hanoi nach Bach Long in die Familie einer Schülerin (Thuy) gefahren in der ich dann Tet verbracht habe. Marco war bereits in Bach Long, wenn auch in einer anderen Familie, d.h. wir haben Tet zum größten Teil getrennt erlebt, und somit beide ein umso authentischeres Fest erleben können.
Das traditionelle "Banh Chung" ist eine vietnamesische Spezialität, die an Tet gegessen wird. Das Reis-Fleisch Gemisch kocht über 12 Stunden, eingewickelt in Blätter von Bananenbäumen. |
Aufwärmen des Kalmars |
Brennender Bündel Räucherstäbchen |
Der Altar in einer Pagode, mit einer außerordentlichen Tiefe, die auf dem Foto leider nur schwer zu erkennen ist. |
Räucherstäbchen werden neben das Heiligendenkmal gesteckt. |
Anschließend wurde dem Feuerwerk entgegen gesehnt, das, genau wie bei uns in Deutschland, das neue Jahr einläutet. Normalerweise wird die Wartezeit mit einer traditionellen Comedy-Liveshow überbrückt, aber da gerade zu dem Zeitpunkt Stromausfall war, haben wir stattdessen bei Kerzenlicht Karten gespielt, ein vietnamesisches Kartenspiel, das viel Spaß macht und ein wenig in Richtung "Arschloch" geht. Gegen 12 Uhr habe ich mich dann mit Thuy und Thao auf das Dach des Hauses begeben um das Feuerwerk von dort zu betrachten. Anders als in Deutschland, wo es bestimmt ein Gesetz gibt, ab welcher Höhe Raketen explodieren dürfen, ist das Feuerwerk, das wir betrachtet haben, ziemlich tief über den Häusern explodiert. Die Raketen wirkten teilweise ziemlich "self-made", was mir einen gewissen Adrenalinschub gegeben hat, nachdem eine Rakete knapp an meinem Kopf vorbei gezischt ist. Trotz allem war es ein tolles Feuerwerk, das ich sehr genossen habe. Anbei ein schon beinahe künstlerisches Bild von einer Explosion direkt über unseren Köpfen.
Nach dem Feuerwerk hatte ich gemeinsam mit der Familie einen Neujahrsschmaus, bestehend aus einem gekochten Hahn, der kurz zuvor geschlachtet worden war. Bedauerlicherweise wird der Backofen in Vietnam eher selten verwendet, und Huhn generell im Kochtopf zubereitet, wodurch eine knusprige Haut fehlt und stattdessen die wabblige Fettscharte mitgegessen wird, die hier aber nicht minder begehrt ist Außerdem werden Füße, Kopf, und Innereien mitgekocht und mitgegessen. Lecker, Hahnenkamm.
Dieser Mandarinenähnliche Baum wird in den meisten Familien über Tet aufgestellt, ähnlich dem Tannenbaum an Weihnachten in Deutschland |
Die Zahl darauf war dann die Glückszahl, und man konnte sich einen Zettel mit Beschreibungen dazu geben lassen. Meine Zahl, die 28, war scheinbar ein Volltreffer mit reichlich positiven Prognosen, sodass mir einem glücklichen Jahr nichts mehr im Wege steht. Thao war ziemlich unzufrieden mit ihrer Zahl, da diese Geldnot für das Jahr prognostiziert hatte. Sie hat sich dann bei der nächsten Pagode einfach eine neue Zahl geben lassen, ziemlich klever.
Obwohl ich Quat Lam potthässlich finde, war es durchaus faszinierend, da ich noch nie einen derart verschandelten und verbauten Strandabschnitt gesehen habe, der trotz seiner Hässlichkeit die Jugend Vietnams anlockt. Außerdem hat die Cola gut geschmeckt, und wenn man sich auf das Meer konzentriet, kann man den Rest gut ausblenden.
Abends wurde dann richtig gut gegessen.
Thao und Thuy |
Ein Hauptbestandteil von Tet ist außerdem der Besuch bei tierisch vielen Tanten, Onkels, Omas, Opas, Lehrern, Freunden... Häufig für die Kinder durch Lucky Money belohnt. Diese Tätigkeit sollte dann auch für mich die nächsten drei Tage ausfüllen, was ich aber teilweise durchaus genießen konnte, aufgrund des guten Essens. Weniger gut gefiel mir das permanente Reisweintrinken. An dieser Stelle möchte ich nochmals betonen, Asiaten sind nicht prinzipiell schlechte Trinker! Vor meiner Abreise war ich davon überzeugt wesentlich mehr als die kleinen Vietnamesen trinken zu können, gar auf Alkohol weitestgehend verzichten zu müssen, aber das war ein absoluter Trugschluss! Hier wird teilweise exzessiv, und vor allem ziemlich regelmäßig, dieser absolut abscheuliche Reiswein getrunken, wodurch die Männer ihre Männlichkeit beweisen, und eine tierische Trinkfestigeit aufbauen (siehe Beispiel weiter unten). Natürlich gibt es auch Ausnahmen; ein übermäßig hoher Anteil scheint eine Art Alkoholallergie zu haben, was zu einer extremen Rotfärbung des Gesichts führt und in einer niedrigeren Trinkkapazität resultiert. Aber in der Regel können Vietnamesen (hierbei sind Frauen jedoch größtenteils von ausgenommen) echt ordentlich trinken, sind aber nichtsdestotrotz häufiger mal von den Trinfertigkeiten eines Westlers ziemlich beeindruckt. ;-) Ein weiterer Trugschluss war die Auffassung, das Bier sei hier verwässert, aber ich finde ich das Bia Hanoi durchaus trinkbar, und es wird glücklicherweise manchmal als Alternative zum Reiswein akzeptiert.
Am zweiten Tag nach dem Neujahrsanfang kam der Vater der Familie zurück nach Hause aus einer anderen Stadt, in der er als Doktor arbeitet. Am Ende des Tages, nach zahlreichen Verwandtenbesuchen, hat er stolz
am Abendessenstisch verkündet, über den Tag verteilt 52 Pintchen Reiswein getrunken zu haben. Diese Leistung wurde natürlich erst einmal mit einer weiteren Runde gebührend anerkannt.
Mit dem Vater war das Familienoberhaupt, und somit die Autorität, zurück in der Familie, was mal interessant zu erleben, aber nicht immer angenehm war, vor allem wenn dieser zu viel Alkohol intus hatte. So musste ich zum Beispiel die Mutter vor dem Zähneputzen immer erst informieren, damit diese sich in das ans Badezimmer angeschlossene Schlafzimmer setzen konnte, damit ihr fernsehguckender Mann sich nicht von mir gestört fühlte.
Eine christlich dekorierte Insel mit Engelserscheinung. |